Dachschieferbergbau in Kaub

Geologische und wirtschaftliche Bedeutung
Kaub liegt im Rheinischen Schiefergebirge, wo Schiefer allgegenwärtig ist – im Gestein, in Mauern und auf Dächern. Der hier gemeinte Dachschiefer, ein Tonschiefer mit besonderer petrographischer Zusammensetzung, ist ein Sedimentgestein aus der Zeit des Devons. Der sogenannte Kauber Zug galt als Herkunft des besten deutschen Schiefers – in Farbe, Festigkeit und Langlebigkeit. Der Kauber Zug zieht sich von links des Rheins bei Bacharach über Kaub bis Nauroth im Taunus. Nur ein kleiner Teil des Schiefers war von der Qualität als Dachschiefer nutzbar.

Erste urkundliche Erwähnung des Abbaus
Ob der Schiefer-Abbau schon in römischer Zeit begann, ist unklar. Nachweislich erwähnt wird Kauber Schiefer erstmals 1355, als Ruprecht der Ältere, Pfalzgraf bei Rhein, ein Drittel des Schieferzehnten an Kuno von Reifenberg, Burggraf zu Kaub, verlieh.

Der frühe Abbau erfolgte im Tagebau auf Höhe des Herrenberges oberhalb von Burg Gutenfels. Riesige Abraumhalden zeugen heute noch davon. Es zeigte sich, dass Dachschiefer seine Spaltbarkeit entlang der Schieferungsflächen verlor, wenn er trocken wurde. Und das war im Tagebau sehr schnell der Fall. Also ging man dazu über, durch Stollen in den Berg oder über Treppenschächte in die Tiefe zu gehen. Je tiefer man im Berg war, desto feuchter und damit hochwertiger war die Qualität des Dachschiefers.

Mit der Eingliederung Kaubs ins Herzogtum Nassau 1802 entstanden die ersten Aufzeichnungen der Herzoglich-Nassauischen Administration. Eine Liste von 1818 nennt 26 Kauber und 12 Sauerthaler Gruben mit insgesamt 103 Arbeitern.

Kaub wird „Eldorado“ des rheinischen Dachschieferbergbaus
Der älteste bisher wieder abgedeckte bekannte Kauber Schiefer ist datiert auf das Jahr 1582 und lag 350 Jahre auf dem Dach. Bis ins 19. Jahrhundert wurde Schiefer überwiegend auf herrschaftlichen oder kirchlichen Gebäuden verwendet.
Das ändert sich, als 1826 als die Nassauische Regierung in einer „Baupolizeilichen Verordnung hinsichtlich der Feuersicherheit“ feuerfeste Dächer verlangte – der Auslöser für einen Gründungsboom von 22 neuen Gruben im Jahr 1827. In Nassauischer Zeit (bis 1866) wurden im Raum Kaub insgesamt 170 Felder verliehen, das setzte sich auch außerhalb der Kauber Gemeindegrenze fort, z.B. im Wispertal.

Der Erbstollen entsteht
In den 1830er Jahren wurde festgestellt, dass die Kauber Gruben nicht so recht in Schwung kamen, da sie mit heftigen Wasserproblemen zu kämpfen hatten. Daher empfahl die Nassauischen Bergmeisterei in Diez den Bau eines Erbstollens. Ein Erbstollen ist ein Stollen, der unterhalb bestehender Grubenfelder in den Berg hinein leicht ansteigend aufgefahren wird. Auf diese Weise wird den darüberliegenden Gruben eine einheitliche Wasser- und Wetterlösung geboten. Zur Finanzierung des Vorhabens wurde 1837 die Wilhelm-Erbstollen-Gewerkschaft mit einem Kapital von 28.000 Gulden gegründet, eine bergrechtliche Gewerkschaft ist in etwa vergleichbar mit einer heutigen Aktiengesellschaft. 14 Grubenfelder, die sich aus 41 Verleihungen zusammensetzten, bildeten einen 5,4 Millionen Quadratmeter großen Grubenkomplex. Trotz vieler Investoren blieb der Erfolg zunächst aus: Der Vortrieb war mühsam und kostenintensiv, abbauwürdige Schieferlager wurde nicht gefunden.

Blütezeit unter den Puricellis
Nach mehreren Besitzerwechseln übernahm 1870 die Firma Gebr. Puricelli, Rheinböllerhütte, den Wilhelm-Erbstollen, die den Betrieb modernisierte und ausbaute.

Unter Leitung erfahrener Bergleute und durch den Einsatz moderner Technik erlebte die Grube ihre Hochphase. Zechengebäude mit Küche und Schlafsälen (da ein Großteil der Arbeiter aus entfernt liegenden Dörfern des Taunus und Hunsrück kam), Spalthaus mit Beleuchtung und Befeuchtung, Maschinenhaus mit Sägen und Hobeln, maschinelle Einrichtungen zur Bergeförderung (Lokomotiven statt Pferde; Lastenaufzüge) machten den Erbstollen zu einer der modernsten Zechen ihrer Zeit. Die Fläche des Gesamtgrubenfeldes wurde bis zum hundertjährigen Bestehen mehr als verdoppelt, über 150 Arbeiter waren zeitweise beschäftigt. Ende des 19. Jahrhunderts existierten zahlreiche weitere Gruben (u.a. Hohenrain, Jakobsberg, Josephine, Viktoria, Rennseiterstollen), von denen viele später in Puricellis Besitz übergingen.

Der Niedergang
Nach dem Zweiten Weltkrieg erschwerten Besatzungsauflagen und Arbeitskräftemangel den Neubeginn. Wirtschaftliche Schwierigkeiten, Managementfehler und Konkurrenz durch Kunstschiefer und spanische Importe führten zum Niedergang.
1972 wurde der Wilhelm-Erbstollen als letzte Kauber Schiefergrube geschlossen.

Quellen:

  • Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Akte 120-U32.
  • Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Akte 240-1282
  • Schwab, Johannes: Festschrift „100 Jahre Wilhelm-Erbstollen. Dachschiefer-Bergbau. Kaub a.Rh.”, Wiesbaden 1937

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Empfohlene Zitierweise: Wilfried Radloff, Kauber Schiefer e.V.: „Dachschieferbergbau in Kaub”, 2025
Ungekürzte Version: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-345491